schrift4/epilog
4.12.1997
Manuel Bonik, fred jaeger (1966-1996)
"schrift - für künstliche und künstlerische intelligenz" wurde 1989 von manuel bonik und fred jaeger in münchen gegründet. jaeger, geboren 1966, war kopf einer werbeagentur und arbeitete mit dem deutschen gestaltungs-papst otl aicher zusammen; bonik, geboren 1964, betätigte sich als kulturjournalist (u.a. 59to1, vogue, die zeit) und hatte sich vom österreichischen dichter/denker oswald wiener das interesse an künstlicher intelligenz wecken lassen.

was ursprünglich als großauflagige kulturzeitschrift geplant war, geriet schließlich zum kunstobjekt. 1993 erschien schrift 1 in einer auflage von 50 exemplaren (+ 4 a.p.), 1994 schrift 2 und 1995 schrift 3 (in auflagen von jeweils 100 exemplaren). ausstellungen gab es u.a. bei atelier 35, berlin; "3 tage umhausen", ötztal; paris bar, berlin; dna gallery, boston; galerie fruchtig, frankfurt; forum stadtpark, graz; galerie susanne dobler, münchen; galerie urs meile, luzern; art club, berlin.

schrift ist eine hybride zwischen künstler-zeitschrift und multiple. das ausgangsmaterial stammt, wenn nicht von bonik/jaeger, von anderen künstlern, wurde gefunden oder geraubt, um in verschiedenen weisen überarbeitet zu werden (collage, kommentar, übermalung etc.). autorschaften werden z.t. unterstellt oder getilgt; es gibt kollaborationen; mitunter werden überarbeitungen an dritte (z.b. kinder) delegiert; kritiken, leserbriefe, korrespondenz u.ä. werden z.t. als material wieder eingearbeitet (auch dieser text könnte ein teil des kunstwerks schrift sein) - alle arten von spielen mit den fragen nach autorschaft und dem "original". für schrift 4 hat z.b. dieter roth 2000 seiten "a4-abfälle" zur verfügung gestellt, die einzeln über die auflage verteilt werden; so werden (durch kopien!) die grenzen zwischen multiple und einzelstück verwischt. den kleinsten gemeinsamen nenner von schrift bildet das layout: alle beiträge wurden genommen wie sie kamen und, überarbeitet und eventuell umkopiert, in din a 4 veröffentlicht. die vermeidung jeder erkennbarmachung durch graphische gestaltung sorgte kurioserweise für starke unterscheidbarkeit von allen anderen publikationen.

zu den mitarbeitern von schrift gehören/gehörten: otl aicher, j.p. arend, h.c. artmann, johannes beck, susanne brandt, eckart britsch, ursula brochard, maria bronner, hermann brood, génia chef, nicola cipani, daniela comani, anke cott, joe davis, pia dehne, thomas diener, regina doblander, christoph dreher, christian droste, valie export, leonard foner, philipp frank, dieter fuchs, herbert fuchs, britta glatzeder, friedrich glauner, undine goldberg, ludwig gosewitz, claudia hart, robert hödicke, andreas hoehne, michael hohl, lorenzo horvat, ferenc jádi, irene jakab, ernst jünger, stefan kaehne, thomas kapielski, peter kessen, martin kippenberger, august klett (klotz), werner kuenzel, nick lawrence, bernhard lehner, gerda leopold, sarah lucas, rémy markowitsch, dieter meier, frank messlinger, marvin minsky, muenchner gruppe, nader, joseph nechvatal, ann noel, reinald nohal, nina ort, joachim peeck, daniela alina plewe, rosa pock, ulf poschardt, robert quickborn, julia von randow, oded reifenberg, joseph gallus rittenberg, björn roth, dieter roth, gernot schander, jörg schlick, ferdinand schmatz, sissy schneider, daniel paul schreber, peter staengle, dominik steiger, fred stichnoth, joulia straussowa, felix weber, peter weibel, christoph wernhard, adam wiener, ingrid wiener, oswald wiener, ingeborg wiensowski, emmett williams, karin wilpert, klaus winichner, klaus wirsing, amelie von wulffen, erwin wurm, michel würthle, peter zimmermann, heimo zobernig.

am 4. dezember 1996 bringt sich fred jaeger um. genau ein jahr danach präsentiert bonik bei shift die vierte und letzte ausgabe von schrift.